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Migräne

Migräne ist mehr als ein bisschen Kopfschmerz. Bernhard Jakobitsch, Naturheilpraktiker, TCM- und Zhineng Qi Gong Therapeut, war selbst von Migräne in seiner schlimmsten Form betroffen – und hat sie schon lange hinter sich. Erfahren sie im Interview, wie er das geschafft hat und was er seinen Klienten bei Migräne rät.

Von Dr. phil. Doris Steiner-Ehrenberger

Warum interessierst du dich ausgerechnet für Migräne?

Bernhard Jakobitsch: „Ich hatte im Alter von 10 Jahren erstmals Migräne und das gleich mit allen Symptomen, die man dabei nur haben kann. Auf einer Skala von null bis zehn lag bei mir die Heftigkeit der Migräne bei zwölf. Die Zustände waren einem Schlaganfall vergleichbar. Ich konnte nicht mehr sprechen, nicht mehr selbständig zur Toilette und das zwischen ein bis drei Tage lang. Zehn bis vierzehn Tage später kam dann schon die nächste Attacke. Damals habe ich aber meinen Spürsinn immens gesteigert, was mir bei meiner Arbeit als Therapeut heute zu Gute kommt.“

Was liegt deiner Meinung nach hinter Migräneattacken?

Bernhard Jakobitsch: „Über 80 Prozent der Erkrankung wird von der Ernährung bestimmt. Egal, was sonst noch eine Rolle spielen mag, es ist nur das Zünglein an der Waage und nicht die Hauptursache. Ein paar Beispiele. Ich habe mich relativ ungesund ernährt, viel Fleisch und Süßigkeiten gegessen, jedoch dabei bemerkt, dass kurz darauf stets eine ganz heftige Migräneattacke folgte. Ich habe für alle Migränepatienten eine Richtlinie dazu verfasst, was man bei Migräne meiden sollte. Denn es gilt immer eines: Man sollte leicht verdauliches zu sich nehmen. Ich habe schwer verdauliches wie Schweinefleisch, Geselchtes, Salami gegessen. Bei der Ernährung ist es wichtig, um vom Fleisch wegzukommen, zu mehr Gewürzen, wie etwa dem Majoran, zu greifen. Ohne Majoran würde keine Wurst schmecken. Mit Gewürzmischungen ist es mir gelungen, Vegetarier mit hin und wieder Fisch, also Pescetarier zu werden. Am Schlimmsten waren bei mir aber Gummibärchen und ähnliches. Ich reagierte einerseits auf die Gelatine und andererseits auf die Zitronensäure und die künstlichen Farbstoffe. Man hat immer das Gefühl gehabt, dass der ganze Darm verklebt wird.“

Warum spielt die Ernährung so eine große Rolle?

Bernhard Jakobitsch: „Weil alle Migränepatienten eines gemeinsam haben: Sie haben eine Schwäche im Magen, Dünndarm oder Dickdarm. Die Verdauung ist eingeschränkt, es gibt Intoleranzen, die man nicht gleich wahrnimmt. Wenn man sie endlich aufdeckt, kann man einiges an Intensität und Häufigkeit der Migräne abfangen. Migränepatienten haben auch gemeinsam, zu wenig zu kauen. Intensives Einspeicheln und Kauen ist wichtig, weil heilender Speichel ausgleicht. Im alten Taoismus gibt es im Westen unbekannte Schlucktechniken, wie man sich mit eigenem Speichel wieder tonisieren kann.

Kann man darüber hinaus noch unterstützen?

Bernhard Jakobitsch: „Langfristig sollte der Darm saniert werden. Mit einer Reduktionsdiät – alles, was belastet, sollte man mindestens 8 bis sogar 12 Wochen eliminieren, weil der Körper Zeit zur Regeneration braucht. Die meisten Migränepatienten haben eine Neigung zu Verstopfung oder breiigem Stuhl, darum sollte währenddessen etwa der Stuhlgang verbessert werden. Da sind Ballaststoffe wie die besonders verträgliche Akazienfaser günstig. Später kann man mit Vitalpilzen unterstützen.“

Wie sieht die Migräne-Thematik aus Sicht der TCM aus?

Bernhard Jakobitsch: „Im Prinzip geht es – sehr vereinfacht dargestellt – um Fülle- und Leerezustände, unterschiedlich stark ausgeprägt, mit unterschiedlichen Symptomen. Bei einem Füllezustand fühlt man sich total voll, im Sinne von „überessen“, mit unangenehmem Bauchgefühl, Druck im Bauch und Erbrechen, nach dem man sich besser fühlt. Bei mir war das zehn bis fünfzehnmal täglich der Fall. Bei mir sind die Füllezustände durch die Ernährung und Intoleranzen wie Histaminintoleranz, entstanden. Noch ein weiterer Punkt für Füllezustände sind die Emotionen. Ist man wirklich mit sich im Reinen? Hat man Stressfaktoren, die in die Blockade hineinführen?“

Kann man sich hier noch zusätzlich mit allgemeinen Empfehlungen helfen?

Bernhard Jakobitsch: „Bei mir waren sie wenig hilfreich. Bei leichten Formen von Migräne kann Pfefferminztee vielleicht wertvoll sein, bei stärkeren, wie ich sie hatte, jedoch nicht. Pfefferminz hat bei mir alles nur noch schlimmer gemacht, bei Kaffee war es dasselbe. Denn ich hatte aufgrund der Häufigkeit der Migräneattacken neben der Füllezustände auch schon einen Leerezustand entwickelt, weil alles so Kräfte zehrend war. Dabei fühlt man sich abgemagert, kraftlos. Man kann das aber auch getrennt haben – eine Fülle allein oder eine Leere allein. Die Leere ist immer so charakterisiert, dass, sobald nach einer heftigen Stressphase der Druck nachlässt – etwa, weil das Wochenende oder der Urlaub kommt – mit der Entspannung auch die Migräne als Ausdruck des Leerezustands folgt.“

Woran erkennt man Fülle und Leere noch?

Bernhard Jakobitsch: „Es kommen noch zwei Komponenten hinzu: Hitze und Kälte. Bei Fülle hat man meistens Fülle-Kälte oder Fülle-Hitze noch dabei. Bei der Fülle-Hitze ist einem total heiß, man kann auch rote Augen haben oder der Kopf glüht. Wenn man Fülle-Hitze hat, hält man Hitze während der Migräne nicht aus, bzw. kann sofort ein neuerlicher Anfall ausgelöst werden, etwa wenn im Auto die Luft schlecht und zu warm ist. Ein kühlender Umschlag im Nacken (nicht kalt, nur kühl) kann günstig sein. Das ist einem angenehm, wenn es richtig ist.“

Wie unterscheidet man Migräne von Kopfschmerzen?

Bernhard Jakobitsch: „Migräne ist ein fortgeschrittener Zustand. Kopfschmerzen können häufig von Verspannungen, auch emotionalen Anspannungen herrühren. Bei der klassischen Migräne steigt das Leber-Qi auf, worauf das Magen-Qi rebelliert, einem übel wird, und dann kann man noch Migräne mit und ohne Aura haben, teilweise auch mit Gesichtsfeldausfällen, Lähmungserscheinungen im Gesicht oder in den Händen – das habe ich alles erlebt, weil das Qi bei mir in die falsche Richtung floss. In diesem Fall braucht man Ruhe, muss emotional entspannen. Migräne kann man leider nicht nach Schema F behandeln, sondern muss sie individuell angehen. Migränepatienten bringen schon viele Erfahrungen mit, weil sie das Problem meist schon länger haben. Diese sollte man in die Behandlung einfließen lassen und auch den Spürsinn für den eigenen Körper sowie Achtsamkeit beim Patienten fördern.“

Wie sieht es bei den Leerezuständen aus, gibt es auch hier Hitze und Kälte?

Bernhard Jakobitsch: „Ja, die gibt es auch, was aber anfangs schwer zu verstehen ist, wenn man wenig TCM-Kenntnisse hat. Der Unterschied zwischen einer Fülle-Hitze und einer Leere-Hitze ist, dass die sogenannte Leere-Hitze eine „falsche Hitze“ ist, da dahinter ein Blut- oder Yinmangel aus Sicht der TCM steht oder auch beides. Dabei kann das Yang nicht festgehalten werden und man hat das Gefühl, dass einem heiß wird, obwohl einem sonst kalt ist. Aber es ist nicht die Hitze, bei der man ein rotes Gesicht und rote Augen hat, sondern man ist leer und fühlt trotzdem Hitze zusammen mit einem sehr unrunden Gefühl. Damit hat man noch mehr Probleme, weil nicht einmal erbrechen hilft, wie bei Fülle-Hitze, sondern den Leerezustand noch verschlimmert, weil man Substanz verliert und Energie. Leerezustand geht meist einher mit einem Blutmangel nach der TCM, der kann sich aufs Herz konzentrieren (Herzblutmangel) oder auf die Leber (Leberblutmangel). Beim Leberblutmangel sieht man schlecht, ist fehlsichtig und lichtempfindlich, das ist das Hauptmerkmal. Typische Emotionen wären hierbei Wut, Zorn und Ärger. Herzblutmangel erkennt man hingegen an Nervosität, Depressionen und Niedergeschlagenheit, da steht die emotionale Komponente ganz im Vordergrund. Als Unterstützung wählt man bei Leere aus dem Reich der Natursubstanzen nicht den Astragalus, der energetisch zu warm wäre, sondern den Auricularia Vitalpilz. Er kühlt auch noch die falsche Hitze. Die Pilze sind sowohl bei Fülle- als auch bei Leerezuständen sehr gut geeignet, der Unterschied liegt nur in der Dosierung. Der wichtigste Pilz bei Migräne ist aber auf jeden Fall der Auricularia. Der zweite, vor allem, wenn einem kalt ist, ist der Shiitake. Er löst die Verspannungen auf und kann sehr regulierend wirken, Der Chaga wäre eventuell auch noch günstig. Langfristig, wenn auch nicht im akuten Migräneanfall, ist der Reishi Pilz ideal.“

Hast du auch Tipps zur Soforthilfe bei Migräne für uns?

Bernhard Jakobitsch: „In meinem Therapieprogramm empfehle ich bei akutem Migräneanfall CBD-Tropfen auf die Akupunkturpunkte Leber 3, Gallenblase 34 und Gallenblase 43 zu geben. Auch kolloidales Magnesium ist empfehlenswert, weil alle Migränepatienten Krampfneigung haben und Magnesium entspannt. Und natürlich gehören die B-Vitamine zum Standardprogramm dazu, gleichzeitig.“

Du hast ja geschafft, überhaupt keine Migräne mehr zu haben. Hast du noch einen Tipp für betroffene Leser?

Bernhard Jakobitsch: „Wichtig ist zu wissen, dass Migräne nie etwas Negatives ist, es ist ein Schutzmechanismus des Körpers, um in die jeweiligen Bereiche mehr Qi und Nährstoffe hineinzubringen. Als ich das verstanden habe, war mir klar, dass ich meinem Körper nur dabei helfen muss, die Balance auf anderem Wege wiederherzustellen, um mir die Migräne zu ersparen. Die Migräne selbst ist immer der letzte Ausweg.“

Mehr Wissenswertes von Bernhard Jakobitsch gibt es in den Natursubstanzen-Schulungen auf unserer Vereinswebsite. Ab Jänner ist er dort mit einer neuen Schulungsserie vertreten, in der er Themen wie die Migräne noch mehr vertieft. Erfahren Sie mehr dazu auf unseren Vereinsseiten 36-37.

>>> Zum Download-PDF Migräne

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